GOÄ für Psychologie

INHALT

In welchem Verhältnis steht die GOÄ zur GOP? Welche Ziffern kann die ärztliche und welche die psychologische Psychotherapie für welche Leistungen ansetzen? Wann kann eine Ziffer gesteigert werden, und wie sieht die Begründung dafür aus? Am besten lassen sich solche Fragen 1:1 im Coaching, einer Veranstaltung oder Webinar klären. Einen ersten Überblick können wir aber schon hier geben.

GOP und GOÄ

Die GOP ist keine selbständige oder vollständige Gebührenordnung. Sie bietet nur eine „Fahrstuhlnorm“, die die Behandler:in zur GOÄ bringt: Die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Psychologischen Psychotherapeuten:innen und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten im Sinne von § 1 Abs. 3 des Psychotherapeutengesetzes richten sich nach der Gebührenordnung für Ärzte:innen. Insbesondere gilt also der vorgelagerte §§-Teil der GOÄ für die Abrechnung. Für die Leistungen selbst nennt die GOÄ eine Einschränkung. Es kommen nur die die Leistungen zum Zug, die in Abschnitt B und G der GOÄ genannt sind:

  • B: Grundleistungen und allgemeine Leistungen: Beratungen, Zuschläge, Konsiliararbeiten
  • G: Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie: hier insbesondere
    • die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
    • die analytische Psychotherapie und
    • die Verhaltenstherapie in Einzel- und Gruppenbehandlung

Videosprechstunde

Eine Reihe von Leistungen kann auch telemedizinisch erbracht werden. Die Erbringung durch Videosprechstunde wird auch von Kostenträgern:innen akzeptiert. Details dazu finden Sie in unserem Beitrag zur Videosprechstunde

Faktor nach § 5 GOÄ

Die psychologischen psychotherapeutischen Leistungen in der Privatabrechnung können nach dem in § 5 GOÄ genannten System gesteigert werden. Damit erhöht sich Ihr Honorar entsprechend dem Aufwand. Voraussetzung ist, dass der Grund für den erhöhten Aufwand gemäß § 12 GOÄ auch in der Rechnung genannt wird. Dabei genügen Stichpunkte. Bei den ärztlichen Leistungen gilt ein Schwellenwert von 2,3 für den durchschnittlichen Aufwand. Wenn die Behandlung überdurchschnittlich aufwendig war, kann ein höherer Faktor bis zum 3,5-fachen Satz angesetzt werden. Es steht in Ihrem Ermessen als Behandler:in, den Aufwand leistungsgerecht zwischen dem 2,3-fachen und dem 3,5-fachen Satz abzubilden. Wenn auch der 3,5-fache Satz nicht genügt, um den Aufwand abzubilden, sollten Sie rechtzeitig vor Behandlungsbeginn eine entsprechende Honorarvereinbarung mit Ihrem Patienten bzw. Ihrer Patientin schließen.

Ein höherer Faktor kann z.B. angesetzt werden bei

  • Mehrfachdiagnosen, wenn die Behandlung dadurch aufwendiger wird
  • Mangelnde Deutschkenntnisse
  • Mutismus
  • Konzentrationsschwäche des Patienten bzw. der Patientin

Ein höherer Faktor kann nicht angesetzt werden

  • als Inflationsausgleich, weil der Verordnungsgeber bzw. die Verordnungsgeberin den Punktwert nicht angepasst hat
  • bei hoher Dringlichkeit

Natürlich gibt es noch eine ganze Reihe von weiteren Beispielen, über die wir in unseren Fortbildungen informieren.

Ziffer 860 GOÄ – Behandlungsfall gleich Krankheitsfall?

Ziffer 860 GOÄ vergütet die Erhebung einer biographischen Anamnese unter neurosenpsychologischen Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung und Indikationsstellung bei tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie, auch in mehreren Sitzungen (2,3-facher Satz = 123,34 €).

Die Legende zur Ziffer 860 führt aus, dass die Ziffer nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig ist.

Die Bundesärztekammer setzt Behandlungsfall gleich Krankheitsfall mit folgenden Begründungen: Im Abschnitt G habe der Behandlungsfall eine längere Dauer als nach der Definition unter B Grundleistungen und allgemeine Leistungen, Allgemeine Bestimmungen, Nr. 1. Damit könne die Ziffer 860 nicht bereits nach einem Monat erneut abgerechnet werden. Eine erneute Abrechnung sei erst möglich, wenn die Behandlung abgeschlossen sei und sich nach einem therapiefreien Intervall bei erneuter oder wesentlich veränderter Symptomatik wiederum eine Therapiebedürftigkeit ergebe. Die BÄK argumentiert zusätzlich, die Ziffer 860 sei im Vergleich zu den Ziffern 1 und 3 GOÄ deutlich höher bewertet und auch deshalb könne sie nicht erneut nach einem Monat angesetzt werden. 

Das letzte Argument bezieht sich eher auf die Voraussetzung der medizinischen Notwendigkeit nach § 1 Abs. 2 GOÄ. In der Regel muss eine biographische Anamnese nach einem Monat nicht erneuert werden, die Abrechnung würde also schon an § 1 Abs. 2 GOÄ scheitern.

Das Argument „860 hat eine deutliche höhere Bewertung, deshalb kann sie nicht wie die 3 schon nach einem Monat neu abgerechnet werden“ passt nicht. Zwar ist die Ziffer 860 mit der 6-fachen Punktzahl bewertet, sie beschreibt aber auch einen viel höheren Aufwand (eingehende Beratung von mind. 10 Minuten <=> biographischen Anamnese mit schriftlicher Aufzeichnung ggf. in mehreren Sitzungen).

Es bleibt aber die Frage offen, was als Behandlungsfall im Sinne der Ziffer 860 zu verstehen ist, weil die GOÄ den Behandlungsfall hier nicht definiert. In Anlehnung an die Kommentierungen zur „Erkrankung“ kann man davon ausgehen, dass ein neuer Behandlungsfall auch bei der Ziffer 860 vorliegt, wenn sich der Charakter der gleichen Erkrankung spürbar ändert, also sich eindeutig verschlimmert oder komplizierter wird. Parallel bleibt das Erfordernis der medizinischen Notwendigkeit für die neue Anamnese nach § 1 Abs. 2 GOÄ.

Weitere GOÄ-Themen

Natürlich ergeben sich im Täglichen eine Vielzahl von weiteren Fragen.

  • Kann man eine Beratung per E-Mail erbringen und abrechnen?
  • Wenn ja, kann ich Zuschläge ansetzen?
  • Ziffer 34 GOÄ bei Diagnose von Depressionen oder bipolaren Störungen?
  • Ist die Ziffer 849 GOÄ beihilfefähig?
  • Wenn ich in einer Fremdsprache therapiere, muss ich dann mit der Versicherung einen Honorarvertrag schließen?
  • Kann ich die Ziffer 808 GOÄ nur einmal abrechnen, auch wenn der Bericht mehrere Stunden dauert?
  • Darf ich auch die Ziffer 5 GOÄ abrechnen, d.h. die symptombezogene Untersuchung?
  • Darf ich einem Selbstzahler auf dessen Wunsch eine Rechnung ohne Diagnose schreiben (Thema mögliche Verbeamtung)?

Diese und viele weitere Fragen werden auch in den Seminaren immer wieder gestellt. Gern besprechen wir alles individuell oder geben einen griffigen Überblick in unserer Fortbildung. Auf Wunsch richten wir auch individuelle Termine für Sie ein!

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