Verjährung, Verwirkung und Anerkenntnis der Rechnung - was sollte die Arzt- und Zahnarztpraxis dazu wissen?

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Nicht nur schlechte Bonität oder ein:e unbekannt verzogene:r Patient:in sind ein Hindernis, wenn es um das Realisieren von ärztlichem und zahnärztlichem Honorar geht. Auch Verjährung oder Verwirkung haben in der Privatabrechnung ihre Tücken. Spätestens dann, wenn Patient:innen Einwendungen erheben, kommt auch dieses Thema auf.

Verjährung bedeutet Honorarverlust
Verjährung bedeutet Honorarverlust

Was ist Verjährung eigentlich?

Wenn Verjährung eingetreten ist, kann der bzw. die Patient:in diese Einrede erheben und muss nicht mehr zahlen, auch wenn die Forderung dem Grunde und der Höhe nach ohne jeden Zweifel besteht. Das bedeutet faktisch den Verlust des ärztlichen oder zahnärztlichen Honoraranspruchs. Hier gilt Rechtsfrieden vor Rechtsstaatlichkeit – der Gesetzgeber wertet also das Interesse der Bürger an einer Erledigung ab einem bestimmten Zeitablauf höher als den eigentlichen Anspruch.

Die Einrede kann zu jedem Zeitpunkt erhoben werden, also direkt bei Erhalt der Rechnung oder auch erst im Prozess. Das Gericht prüft die Verjährung nicht automatisch. Die Patientenseite muss sie aktiv selbst oder anwaltlich geltend machen, sich also darauf berufen.

Wann tritt Verjährung ein?

Die Frist beginnt bei ärztlichen und zahnärztlichen Honorarforderungen zur Privatliquidation ab dem Ende des Jahres zu laufen, in dem die Rechnung den Schuldner erreicht hat. Eine zahnärztliche Rechnung, die der Patient zum Beispiel am 14.05.2019 im Briefkasten hat, verjährt nach dem 31.12.2022. Wichtig ist also, dass

  • eine wirksame Rechnung erstellt worden ist und
  • sie den Schuldner erreicht hat

Nur dann wird der Anspruch auch fällig.

 

Wirksame Rechnung

Eine wirksame Rechnung muss den Anforderungen der Regelwerke genügen, insbesondere den Formalien, die in § 10 GOZ und § 12 GOÄ benannt sind. Gröbere Fehler in der Abrechnung und damit ein Verstoß gegen diese Formvorschriften können dazu führen, dass keine wirksame Honorarrechnung erstellt wurde.

Zugang der Rechnung

Die Verjährungsfrist beginnt nur dann zu laufen, wenn der Patient die Rechnung erhalten hat bzw. sie in seinen Zugangsbereich gelangt ist. Diesen Zugang der Rechnung muss der Arzt bzw. die Ärztin oder der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin im Zweifel beweisen. Sind Erinnerungen, Mahnungen und andere Post nachweislich versendet worden und gab es keine Postrückläufer „Unbekannt verzogen“ oder „Nicht zustellbar“, dann ist das auch bei Gericht ein deutliches Indiz, dass die Rechnung zugestellt wurde.

Was ist der Unterschied zur Verwirkung?

Wenn keine oder keine formwirksame Rechnung geschrieben wird, ist die Forderung nicht fällig – und sie kann auch nicht verjähren. Leider heißt das aber nicht automatisch, dass eine Praxis sich unbegrenzt Zeit lassen kann mit der Abrechnung oder sich zur Vermeidung der Verjährung auf eigene Formfehler bei der Rechnung berufen könnte.

Denn wenn der bzw. die Patient:in nach den Gesamtumständen und nach einer gewissen Zeit annehmen durfte, dass die Praxis die Behandlung nicht mehr abrechnet, kann er die Einrede der Verwirkung erheben. Wann so eine Situation vorliegt, hängt vom Einzelfall ab.

Die Wirkung ist dann die gleiche wie bei der Verjährung: Der Honoraranspruch kann nicht mehr durchgesetzt werden, wenn der bzw. die Patient:in sich auf die Verwirkung beruft.

Erkennt der Patient mit einer Zahlung den Anspruch an?

Es kommt vor, dass Patient:innen die ärztliche oder zahnärztliche Rechnung zügig bezahlen, dann aber nicht die volle Höhe von ihrem Kostenträger bzw. ihrer Kostenträgerin erstattet bekommen. Dann wenden sie sich an die Praxis und geben die Einwendungen des Kostenträgers weiter. Gleichzeitig wird die Zahlung zurückverlangt.

Auch dieser mögliche Rückzahlungsanspruch kann verjähren, und zwar in der gleichen 3-Jahres-Frist. Das lässt sich nicht durch zusätzliche Handlungen beschleunigen. In den meisten Fällen lässt sich aus der einfachen Zahlung auch kein Anerkenntnis der Forderung herleiten. Der BGH hat diese Wirkung zwar nicht ausgeschlossen, die Voraussetzungen aber vergleichsweise hoch angesetzt.

Deshalb ist es auch in diesen Fällen sinnvoll, den Patienten bzw. den Patientinnen bei der Durchsetzung seiner Erstattungsansprüche zu unterstützen, indem die Praxis die Abrechnung in Stichworten begründet und zum Beispiel die Gründe für die Steigerung über den Schwellenwert ergänzt.

Strukturiertes Honorarmanagement macht sicher

Ideal ist eine regelmäßige Liste vor Jahresende zu allen Offenen Posten, die älter als 2 Jahre sind. Damit sichern sich Praxen eine geordnete Wiedervorlage zur Entscheidung über das Prozessrisiko. Dazu filtert man alle bisher nicht fakturierten Forderungen, bei denen der Rechnungsbetrag für die erste Rechnung zu gering war (z.B. Beratung für 10,72 €) und die Praxis vergeblich auf Folgebesuche gewartet hat.

Beim echten Factoring ist dieses Risiko bereits mit dem Verkauf der Forderung abgedeckt und gesichert. Wir als Factor übernehmen mit der abgetretenen Forderung auch alle Pflichten zur rechtzeitigen Geltendmachung und Fristüberwachung.

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